Pferdesport im Rampenlicht
Können wir das Wohlbefinden von Sportpferden messen?
Die jüngsten Ereignisse im Reitsport bei den Olympischen Spielen haben eine breite Diskussion über den Umgang mit Sportpferden ausgelöst. In den Medien wurden Bilder und Berichte geteilt, die das Leiden der Tiere unter fragwürdigen Trainingsmethoden in den Fokus rücken. Die Frage, wie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pferde in einer Sportart gesichert werden können, die von hohen körperlichen Anforderungen geprägt ist, steht mehr denn je im Raum.
Dieser Artikel informiert über konkrete Möglichkeiten, das Wohlbefinden von Pferden objektiv zu evaluieren. Wir beleuchten 4 Methoden, die dabei helfen können, die Gesundheit von Sportpferden sicherzustellen. Beachte jedoch, dass diese Methoden nicht nur für Sportreiter interessant sind. Genauso profitiert jedes Freizeitpferd von Früherkennung und Vorsorge und sorgsame Reiter und Trainer dürfen nicht ausschließlich Sportpferden vorbehalten sein.
1. Herzfrequenzvariabilität: Einblick in das Stressniveau
Die Herzfrequenzvariabilität (HRV) misst die Varianz der Zeit Intervalle zwischen den Herzschlägen. Diese Methode ist ein wertvolles Instrument zur Beurteilung des Stressniveaus eines Pferdes, da die HRV stark von der Aktivität des autonomen Nervensystems beeinflusst wird. Ein hohes Maß an Variabilität deutet auf ein entspanntes, weniger gestresstes Pferd hin, während eine niedrige Variabilität ein Zeichen für Stress oder Erschöpfung sein kann. Wenn die HRV Messung eine hohe Herzratenvariabilität ergibt, dann bedeutet dies, dass Sympathikus und Parasympathikus des Nervensystems in Balance sind und der Organismus leistungsfähig ist.
Nutzen: Die HRV erlaubt es, den Stresszustand eines Pferdes in Echtzeit zu überwachen. Dies kann sowohl im Training als auch bei Wettkämpfen eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass das Pferd nicht überbeansprucht wird. Durch die kontinuierliche Messung der HRV können Trainer und Tierärzte frühzeitig eingreifen, wenn ein Pferd Anzeichen von Überforderung zeigt, und so dessen langfristige Gesundheit schützen.
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2. Cortisol-Messungen: Der Stresshormon-Indikator
Cortisol, auch als Stresshormon bekannt, wird in erhöhten Mengen ausgeschüttet, wenn ein Pferd physischen oder psychischen Stress erlebt. Die Messung des Cortisolspiegels eines Pferdes kann über eine Speichelprobe erfolgen und bietet einen weiteren objektiven Indikator für seinen Stresszustand.
Nutzen: Cortisol-Messungen ermöglichen es, den Stresspegel eines Pferdes über einen längeren Zeitraum zu bewerten. Dies ist besonders hilfreich, um chronischen Stress zu identifizieren, der oft schwerer zu erkennen ist als akuter Stress. Regelmäßige Cortisol-Messungen können helfen, Stressquellen zu identifizieren und zu eliminieren, bevor sie zu langfristigen Gesundheitsproblemen führen.
3. Thermografie: Unsichtbare Entzündungen sichtbar machen
Thermografie ist eine nicht-invasive Methode, die Infrarotkameras verwendet, um die Temperaturverteilung auf der Körperoberfläche eines Pferdes zu messen. Temperaturunterschiede können auf Entzündungen, Verletzungen oder Überlastung hinweisen, noch bevor sie sichtbare Symptome wie Lahmheit zeigen.
Nutzen: Durch den Einsatz der Thermografie können Tierärzte und Trainer Verletzungen frühzeitig erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, bevor sich die Probleme verschlimmern. Diese Technik bietet einen genauen Einblick in den Gesundheitszustand des Pferdes und kann helfen, Training und Wettkampfpläne entsprechend anzupassen, um Verletzungen zu vermeiden.
4. Das Schmerz-Ethogramm des gerittenen Pferdes: Schmerz erkennen und lindern
Das Schmerz-Ethogramm des gerittenen Pferdes ist eine wissenschaftlich entwickelte Methode, die auf der Beobachtung bestimmter Verhaltensweisen basiert, die auf Schmerzen hinweisen. Diese Verhaltensweisen umfassen unter anderem Zähneknirschen, Schweifschlagen, unruhige Bewegungen und Veränderungen in der Körperhaltung.
Nutzen: Dieses Ethogramm ermöglicht es Reitern und Trainern, subtile Anzeichen von Schmerzen zu erkennen, die sonst möglicherweise übersehen würden. Es dient als wichtiges Hilfsmittel, um sicherzustellen, dass ein Pferd nicht trotz Schmerzen geritten wird, und ermöglicht eine sofortige Anpassung der Pflege und Behandlung, um das Wohlbefinden des Tieres zu sichern.
Fazit: Messungen zur Überprüfung der Gesundheit von Pferden
Die Diskussion über das Wohlbefinden von Sportpferden zeigt, dass sich viele Reiter wünschen, den Reitsport so zu gestalten, dass die Gesundheit der Tiere im Vordergrund steht. Jedoch sind gesundheitliche Beeinträchtigungen von Pferden nicht immer leicht zu bemerken. Der Einsatz moderner wissenschaftlicher Methoden wie der Herzfrequenzvariabilität, Cortisol-Messungen, Thermografie und des Schmerz-Ethogramms kann dazu beitragen, dass die Bedürfnisse und Empfindungen der Pferde leichter sichtbar werden.
Solche Methoden bieten die Möglichkeit, Pferde in eine Richtung zu unterstützen, die das Wohl der Pferde als höchste Priorität ansieht.
Hast du Spaß an Podcasts? Dann höre dir hier gerne meine Folge 23 “Wie gesund ist Turniersport mit Pferden?” an, in welcher ich mich mit Pferdeausbilderin Claudia Strauss, Mitglied der Ritterschaft der Akademischen Reitkunst und lizenzierte Bent Branderup® Trainerin unterhalte.
Deine Sandra